Thursday, April 21, 2011

ANGST.MACHT.RAUM. Teil 3: Presse-Text


ANGST.MACHT.RAUM. Teil 3
Videoarbeiten von Klaus vom Bruch, Niklas Goldbach und Korpys/Löffler
Kuratiert von Viktor Neumann

Die Ausstellungsreihe ANGST. MACHT. RAUM. untersucht Mechanismen und Strategien der Generierung von Angst innerhalb der Ökonomie der Macht und beleuchtet die Bedeutung von territorialen, kulturellen und medialen Räumen als Orte von In- und Exklusion.
Der im Senatsreservespeicher präsentierte dritte Teil fokussiert dabei Formen medialer Repräsentationsmechanismen der politischen und ökonomischen Machtinhaber und erzählt von möglichen Gegenstrategien künstlerischer Produktion.
ANGST. MACHT. RAUM. Teil III präsentiert drei Videoarbeiten, die sich dezidiert mit dem Netzwerk eng verflochtener Beziehungen zwischen den obersten Führungseliten von Militär, Politik und Wirtschaft auseinandersetzen:

Klaus vom Bruchs Das Schleyerband I/II (1977/78) ist eine zweiteilige Videodokumentation, die sich großteils aus Fernsehmaterial aus dem Zeitraum zwischen September 1977 bis Juni 1978 zusammensetzt. Aus unmittelbarer Zeitgenossenschaft reagierend, dokumentieren und verhandeln die spärlichen Eingriffe in das vorgefundene, teils unter verwegenen Bedingungen aufgenommene Material die Medienpraxis zur Zeit des Deutschen Herbstes. Zugleich zeugt die subtile Bearbeitung des Materials durch Schnitt und Verfremdung von dem Anspruch, die für die Bundesrepublik Deutschland zutiefst einschneidende Phase des Terrors und staatlichen Antiterrors fernab der funktionellen Zusammenhänge der gängigen medialen Manipulationsstrategien durch eine subjektive Sichtweise neu zu erzählen.
Korpys/Löfflers The Nuclear Football (2004) zeigt die mittels einer Presseakkreditierung errungenen Aufnahmen der Repräsentationsgebaren während eines Staatsbesuches von George W. Bush im Mai 2002: Die staatspolitischen Inszenierungen der Ankunft und der Verabschiedung am Flughafen Tegel sowie des Besuchs auf Schloss Bellevue bilden jedoch lediglich die Rahmenhandlung; die Randereignisse und logistischen Vorbereitungen des minutiös geplanten und in strengster Diszipliniertheit ausgeführten zeremoniellen Staatsaktes rücken in den Vordergrund:  die in elegischen Kamerafahrten aufgenommenen Bilder, die dem standardisiertem Repertoire offizieller Medienbilder nicht zugehörig zählen, werden auf der Tonebene durch Brian Enos Music for Airports und einer geheimnisvollen, flüsternden Stimme konterkariert, die den Betrachter zu einem Komplizen um den Inhalt eines Koffers werden lässt.
Niklas Goldbachs TEN (2010) zeichnet das Sinnbild der Undurchsichtigkeit entscheidungstragender Machteliten. Das Zusammenkommen einer Gruppe von zehn Männern, die in vieldeutigen Ritualen über Schicksal und Verhängnis entscheiden, oszilliert zwischen dystopischer Fiktion und schonungsloser Bestandsaufnahme: Die emotions- und distinktionsbefreiten Zehn, allesamt ein und dieselbe Person, sind gefangen zwischen elitären Repräsentationsgebaren und lethargisch-entrückten Handlungen. Der Blick hinter die Kulissen eines Gipfeltreffens, dessen Bühne eine sterile, entindividualisierte Luxussuite samt Tableaus des nächtlichen Athens bildet, lässt den überschrittenen Höhepunkt eines brüchigen Machtsystems vorausahnen, der sich letztlich nur noch durch die Performanz seiner eigenen Ikonographie zu erhalten sucht.

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